Exkursion ins Museum Rosenstein

Warum Delfin und Hai sich ähneln und doch nur weit entfernte Verwandte sind

Evolution im Zeitraffer – Mit dem Bio-LK der KS2 ins Rosenstein-Museum

Von Katja Kieffer

 

Es sieht echt komisch aus, das Schnabeltier mit seinem breiten Schnabel – und könnte gleichzeitig auch direkt als sympathisches knuddeliges Fell-Wesen einem Disney-Film entsprungen sein! Verwunderlich ist für uns auch, dass es Eier legt, wie ein Reptil, gleichzeitig aber seine Jungen über ein Milchfeld säugt. Nichts Ganzes und nichts Halbes, möchte man aus heutiger Sicht meinen. Und genau das ist das Besonders daran: Das Schnabeltier ist wie ein Fenster in die Evolution der Säugetiere: Das Fell war schon „erfunden“, aber die Lebendgeburt musste sich erst noch entwickeln.

 

Vor dieser Vitrine stehen wir eine ganze Weile, mustern das ausgestellte Tier, die Abbildungen und Fotos von ihm, und hören dem Biologen des Museums zu, der uns 90 Minuten an den Vitrinen und Dioramen eine Wiederholung unserer Evolutionseinheit gibt. Und an Beispielen dazu mangelt es im Schloss Rosenstein natürlich nicht – auch wenn, was schade ist, der große Evolutionsraum noch umgebaut wird. Wir sind mit dem 20. Januar noch etwas zu früh dran.

 

Unser Guide zieht aus seiner Tasche ein Gummispieltier und zeigt es hoch: „Zu welcher Gruppe gehört der Delfin?“ Klar, auch ein Säugetier, diesmal eins mit Lebendgeburt und ziemlich reduziertem Fell, woran man schon sieht: In der Biologie gibt es eine Regel und etliche Variationen davon, denn die Natur hält sich eben nicht an die Schubladen, in die die Biologen sie gerne der Übersicht halber stecken würden. Das nächste Tier, das er uns präsentiert, sieht ähnlich aus, ist aber ein Hai, der zu den (Knorpel-)Fischen gehört. „Warum sehen die sich so ähnlich, gehören aber völlig unterschiedlichen Wirbeltierklassen an?“. Standard-Wissen für die Biologen aus dem Kurs: Gleicher Lebensraum bringt ähnliches Aussehen bei Lebewesen hervor, auch ohne großartig miteinander verwandt sein zu müssen. Der Fachbegriff hierfür heißt Analogie oder Konvergenz. So einfach will es uns unser Guide dann aber auch nicht machen und zeigt im Vorbeigehen auf die Schildkröte und bleibt dann bei einer ausgestellten Muräne stehen. „Die leben doch auch im Wasser und sehen nicht so aus!“ Nun müssen die Fast-Abiturienten differenzierter antworten: Zum gleichen Lebensraum gehört auch der gleiche Lebensstil des Lebewesens, im Fall von Delfin und Hai also der Typ „schneller Jäger“.

 

Evolution, also Entstehung und Entwicklung von Lebewesen, ist mit der Dauer von so einem kurzen Menschenleben eher schwer zu beobachten. Auch vor 20 oder 50 Jahren haben Elefanten schon so ausgesehen wie jetzt. Anhand von Fossilien weiß man, dass Lebewesen früher anders aussahen, man findet vielleicht bestimmte Übergangsformen und rekonstruiert dann, wie sich diese oder jene Arten im Laufe von Jahrmillionen verändert haben müssen. Der Archaeopteryx etwa ist so ein Mosaiktier, halb Reptil mit Zähnen im Schnabel, halb Vogel mit Federn. Man hat fast wieder das Schnabeltiergefühl – aber wir kennen das berühmte Fossil schon aus dem Unterricht.

 

Warum es zu diesen Veränderungen bei Lebewesen komme, will unser Guide wissen. Auch hier keine Antwortprobleme beim Bio-Kurs: Variabilität durch Mutation und Rekombination in Verbindung mit Selektion und Isolation. Noch Fragen? Nein, wir nicken nur, als er von den schwarzen Rabenkrähen und den grau-schwarzen Nebelkrähen erzählt, aus denen die Eiszeit auf genanntem Weg zwei Arten gemacht hat. Erstere suchen im Übrigen am HöGy nach der großen Pause häufig den Hof nach Essenresten ab, letztere sahen wir auf der Berlinfahrt.

 

Was ist der Sinn des Lebens aus biologischer Sicht? Wir stehen zwischen den Regenwäldern von drei Kontinenten und entdecken in den Vitrinen sekündlich ein neues Tier. Wenig spektakuläre Antwort: Mit spektakulärem Aussehen – so wie die Paradiesvögel – oder Verhaltensaktionen dafür sorgen, dass die eigene DNA erfolgreich an Nachkommen weitergegeben werden kann. Sprich: Die Männchen zeigen, was sie drauf haben, und die Weibchen suchen sich dann den tollsten aus.

 

Was oft nicht nur bei Tieren zu beobachten ist.