Bericht über den Aufenthalt in Oullins

HöGy-Schüler Bruno Vicke berichtet von seinen Erlebnissen beim Austausch in Oullins.

Von Tag 1 an kam ich mit meinem Austauchpartner Louis sehr gut zurecht und der Plan war, mit der gesamten Gruppe nach Annecy zu gehen. Louis und ich hatten bereits über vielfältige Dinge diskutiert, u.a. über die Schule, seinen Flugkurs, den Unterschied zwischen Sprachen, mittelalterliche Burgen oder die roten Dächer von Lyon. Auch während der Busfahrt hatten wir ausreichen Gesprächsstoff. Die Landschaft variierte von Industrien über alte Häuser bis hin zu ein paar Bergen und einem großen türkisfarbenen See, der unseren Ankunftsort ankündigte. Eine Stadt mit einer großen Burg im Zentrum, die wie eine Ausbuchtung die Stadt überragte. Die Stadt bestand aus einer französischen Version von Venedig, wo sich Wasserrinnen durch die Straßen erstreckten, umgeben von zweistöckigen Gebäuden mit mitteleuropäischem Einfluss und Verschleiß, die der Stadt einen besonderen Charme verliehen. Nachdem wir den Lehrerinnen zum Informationsbüro gefolgt waren, machten wir einen Spaziergang zum zentralen Schloss, das einen Besuch wert war. Die beeindruckendsten Orte waren Schaufenster mit geschnitztem Holz von Bäckereien, die aussahen, als stammten sie aus klassischen Märchen, eine weiße Kirche mit Marmorsäulen und einer goldenen Statue, die jeden Besucher vom Dach aus beobachtete. Dann haben wir eine Bootsfahrt auf dem See gemacht. Wir konnten ein paar Burgen und historische Gebäude sehen. Im Anschluss daran ging es wieder zurück nach Oullins. Ich habe bei Louis zu Abend gegessen, mit seinem Bruder Schach gespielt und zum ersten Mal Froschschenkel probiert! Was für ein Tag!!!

Am Wochenende verbachten wir unterschiedliche Dinge mit unseren Gastfamilien, zum Teil sind wir uns zufällig in und um Lyon über den Weg gelaufen oder haben uns in Kleingruppen für gemeinsame Aktivitäten verabredet. Zwei volle Tage ganz auf sich allein gestellt zu sein, war sehr spannend und sicherlich auch in gewisser Weise eine (sprachliche) Herausforderung, derer wir uns aber mit voller Zuversicht angenommen haben. Am Sonntag ging ich bspw. mit meiner Familie in der schönen Umgebung von Mornant spazieren, eine Gegend inmitten der Natur mit Bächen, Wald, Grasflächen, … Währenddessen wir einen kleinen Waldweg entlang gingen, erzählte mir mein Austauschpartner Louis, wie er früher mit seinen Freunden Bike Trails baute und über riesige Rampen sprang. Zurück zuhause erwartete uns ein leckeres Mittagsessen. Wir aßen und redeten über die Natur von Deutschland und diskutieren, ob diese bei uns oder in Frankreich schöner sei. Am Nachmittag verbrachten wir Zeit in einem großen Park in der Nähe zusammen mit Soba, dem Hund meiner Gastfamilie. Im Anschluss daran feuerte ich meinen Austauschpartner bei seinem Basketballspiel an. Anfangs lief es nicht ganz so toll für die Roten (Team meines Austauschpartners), denn es stand 12 zu 30. Aber auf einmal fingen sie an zu punkten und konnten den Rückstand einholen – eine spannende Partie!

Am Montag besuchten wir ein Webatelier im Stadtviertel Croix-Rousse. Beim Betreten konnten wir etwas sehen, das wie alte Nähmaschinen aussah, welche sich von einer Seite des Raumes zur anderen erstreckten. Sie stiegen Meter über die Decke und die alten Holzornamente, die das Holz mit dem mechanischen Teil verbanden, der die Fäden zusammenführte, gaben ihnen eine majestätische Atmosphäre. Die Maschine revolutionierte die Welt, da sie mit Rollen arbeitete, die mit Punkten und gefüllten Zwischenräumen die Anfänge des Binärcodes darstellten. Nachdem uns die Leiterin die genaue Funktionsweise dieser Coderollen erklärt hatte, zog sie an einem großen Holzhebel, der die großen Arme der Maschine tanzen ließ, die Fäden verflochten und so ein wunderschön verziertes Tuch schufen. Später, zurück im Zentrum Lyons, hatten wir Freizeit. Um eine Pause einzulegen, setzte ich mich auf den Rand eines Gebäudes und schnappte mir mein Lunchpaket, um eine Pause einzulegen. Als wir fertig waren, teilten wir uns in zwei Gruppen auf und meine begann, eine kurze Strecke zum Anfang einer Brücke zu gehen. Dort waren 15 grüne Fahrräder zu erkennen, umgeben von drei Männern in orangefarbenen Westen. Eine E-Bike-Tour erwartete uns. Durch verschiedene Straßen fahrend, hielten wir u.a. auf dem Platz des Gemeindehauses. Nach einem weiteren Halt vor einem alten Krankenhaus kehrten wir zum Ausgangspunkt zurück, wo wir mit der anderen Hälfte wechselten. Bei einer Walkingtour durch die Altstadt Lyons, dem Vieux Lyon, passierten wir u.a. antike römische Ruinen und eines der ältesten Häuser Lyons.

Am Mittwoch gingen wir zu einem Platz mit rotem Felsen und Steinboden, wo in der Mitte eine Bronzestatue eines Königs mit seiner epischen Kampfhaltung auf dem Boden stand. Von dort gingen wir ein Stück und betraten ein kleines Gebäude mit dunklen Fenstern, über dem in großen weißen Buchstaben eine Anzeige zu lesen war, die deutlich machte, dass es sich um das Museum der Illusionen handelte. An den Wänden hingen verschiedene Gemälde voller geometrischer Formen und Schatten, die in Farben wie Weiß, Türkis und Gelb gemalt waren. Verschiedene Dinge fielen ins Auge, von Hologrammen, Spiegelvarianten bis hin zu einem endlosen scheinenden Boden. Die Zeit wurde jedoch knapp und nachdem wir ein Gruppenfoto gemacht hatten, verließen wir das Museum auf der Suche nach unserem nächsten Abenteuer. Als sie neben der riesigen Kathedrale angekommen waren, kündigten die Lehrer eine individuelle Mittagspause an und gingen zusammen mit anderen durch Geschäftsstraßen voller Reklame und großer Gebäude. Am Nachmittag trafen wir uns wieder und gingen zum Guignol-Theater, einem kleinen rot geschmückten Gebäude mit Puppenplakaten neben einer kleinen Gasse, die den Berg hinaufführte. Als ich eintrat, stellte ich überrascht fest, dass das Theater viel kleiner war als in meinem Kopf. Ein kleiner Raum voller Wandmalereien von handgemalten Puppen und roten Vorhängen. Ganz vorne befand sich eine auf Holz gemalte Bühne mit einem Gemälde, das wie wogendes blaues Seidentuch aussah. Kurze Zeit später füllten Marionetten wie Katze, Maus, Schulleiter und Schüler für 45 Minuten die Bühne. Nach der Aufführung kehrten wir gemütlich zur Schule zurück, wo die Soirée franco-allemande stattfinden würde. Es war ein wichtiger Abend für beide Länder oder zumindest für die Schulen, da dies das Erbe von De Gaulle und Adenauer ist. Es gab Tische voller Snacks wie Mini-Brezeln, die mit großer Sorgfalt dekoriert wurden: lange Tische mit bunten Tischdecken voller Dekorationen wie Luftballons und Fähnchen sowie Blumen, Getränke und Teller sowie ein großer Tisch voller Gerichte und Snacks wie Quiché und Käse. Nach dem Essen gingen wir dann Volleyball spielen. Das Feld war voller lachender Schüler, die gemeinsam einen schönen Abend verbrachten.

Schneller als gedacht, stand der Rückreisetag nach Deutschland an. Heute wachte ich auf und sah, wie Louis’ Vater kurze Zeit später mit einem Knarren des Holzes ins Zimmer kam und kommentierte, dass er zur Arbeit gehen müsse, mir die Hand reichte und sagte, dass es eine wahre Freude gewesen sei, mich kennen gelernt zu haben, woraufhin ich antwortete, dass ich dankbar bin für die großartigen Erfahrungen. Wir schüttelten uns die Hände und kurz darauf hörte ich, wie sich die Tür des Hauses schloss, was anzeigte, dass Frank gegangen war. Dieser Moment symbolisierte den Anfang vom Ende. Jedoch nicht im negativen Sinne. Wer weiß, nichts ist ein endgültiges Ende, so wie die Wüstenrose niemals stirbt und die Zeit weiter tickt, egal ob die Uhr aufhört zu zählen.

Eine Woche ist keine lange Zeit. Ich kenne viele Menschen seit mehreren Jahren, die ich nur als Bekannte betrachte, wie ein Weizenkorn in einem Weizenfeld. Meine Gastfamilie und vor allem mein Austauschpartner war jedoch jemand, den ich als Bruder betrachtete. Ich hatte mit diesen Leuten nicht Minuten, nicht Stunden, sondern Tage verbracht. Sie hatten mich ernährt, unterhalten und verwöhnt, obwohl sie nur meinen Namen kannten. Ein letztes Mal neben ihnen herzugehen war etwas, was definitiv nicht zum letzten Mal passieren würde. Ich weiß, dass ich eines Tages zurückkehren werde, um zu dem gelben Haus mit rotem Dach zu gehen, mit einem großen Garten mit Bambuspflanzen. Kurz vor der Ankunft am Treffpunkt verabschiedete ich mich von Camille neben dem Zaun des Schulgebäudes, wo nur Kinder in ihrem Alter lernten. Sie sagte mir, sie freue sich sehr, mich kennengelernt zu haben. Wir setzen den Weg fort und erreichen die Schule. Zum Abschied reichten wir uns die Hände und ich sagte Louis, wie dankbar ich sei, und er sagte, er sei es auch. Diese Zeit war sehr schnell vergangen und er und all die Aktivitäten waren großartig. Der Bus fuhr ab und damit war der Austausch im Begriff zu enden. Was jedoch bleibt, sind die schönen Erinnerungen an meine Zeit in Oullins bei meiner Gastfamilie.