Schule auf der Schippe: Kabarett mit Munz und Ruppenthal am HöGy
Was kommt dabei heraus, wenn ein Mathelehrer auf einen Deutschlehrer trifft und beide auf einer Kabarett-Bühne ideenreich im Potpourri aus Klischees über den Schulbetrieb rühren? Die Zuschauer im ausverkauften Festsaal des Hölderlin-Gymnasiums konnten sich davon auf äußerst unterhaltsame Weise überzeugen. Mit ihrem Programm „Abendschule“ lieferte sich das Duo Ulrich Munz und Martin Ruppenthal passgenaue, teils im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubende Rededuelle – gegeneinander, miteinander oder synchron und immer aus verschiedenen Perspektiven: Referendare, Schulleitung, Schüler, Eltern, aber auch das System aus Ministerium und Referenten – alle bekamen ihr Fett ab. Und natürlich die Lehrer! Schließlich wissen die beiden nur zu gut, wie Schule tickt, Ulrich Munz sogar direkt vor Ort am HöGy in Nürtingen, wo er neben Deutsch noch Französisch sowie Literatur und Theater unterrichtet.
So jonglierten die Kabarettisten souverän mit Vorurteilen über den Lehrerberuf und warfen sich, musikalisch begleitet von Andreas Reif am Klavier, mit Wortakrobatik die Bälle zu: sei es, wenn es um die personifizierte Widerborstigkeit in Gestalt des berüchtigten Schülers Thorben ging, der die Lehrer im Schullandheim auf die Palme bringt oder dessen Vater, der auf herrliche Weise in pointenreichem Redeschwall am Elternsprechtag am Lehrer vorbeiredet. Ist es aus Sicht einer besorgten Mutter nicht viel ertragreicher, wenn sich die Tochter nachmittags mit „gewaltfreiem Töpfern“ beschäftigt als Hausaufgaben zu erledigen? Und könnte ein neues Schulfach „Denken“ im unübersichtlichen Dschungel aus Kompetenzen und Niveaudifferenzierung das Schulsystem auf Vordermann bringen?
Munz und Ruppenthal entlarvten auf humorvolle Weise und mit pfiffigen Reimen die scheinbar widersprüchliche Rolle der Lehrer als „Tadel- und Trostverteiler“, kurz gesagt als „Mädchen für alles“. Darüber täuscht auch der augenzwinkernd erwähnte Halbtagesjob der „Pauker“ nicht hinweg, die im Schulsystem als „ewige Sitzenbleiber“ gefangen bleiben.
Und Digitalisierung hin oder her: Gibt es nicht auch eine Alternative für teure Whiteboards an Schulen? Der moderne Lehrer, so die Botschaft der Experten, ist mit einem „Move-Board“ bestens bedient, das als bewegte Tafel seine didaktische Funktion erfüllt und auch als Schutzschild den pubertierenden Angriffen mit Papierkügelchen und Lochern gewachsen ist.
So fügte sich der rundum gelungene Abend sehr gut in den Kanon der Jubiläumsveranstaltungen, die im Schuljahr 2019/20 am HöGy stattfinden. Anlass ist das 50-jährige Bestehen der Schule und der 250. Geburtstag des Namenspatrons Friedrich Hölderlin.
Peter Witzmann